„A renaissance of occupational safety and health?“
Blogbeitrag von InWiGe bei „Social Europe“ erschienen.
Datum 23.04.2021
Dass Arbeitsschutz schon lange ein wichtiges Thema in der Arbeitswelt darstellt, ist unumstritten. Im Zuge der Pandemie rückt dieser wieder stärker in den Mittelpunkt des öffentlichen, politischen und wissenschaftlichen Diskurses über Arbeit und Beschäftigung. Denn die Pandemie bringt viele Gefahren für ArbeitnehmerInnen mit sich.
Auf der einen Seite sind Beschäftigte, die Interaktionsarbeit leisten mit dem Risiko einer Infektion konfrontiert, da soziale Interaktionen mit KundInnen, PatientInnen und ähnlichen Gruppen einen zentralen Bestandteil ihrer Arbeit ausmachen. Auf der anderen Seite sind die emotionalen und mentalen Anforderungen angestiegen, womit beispielsweise Beschäftigte des Gesundheitswesens zu kämpfen haben. Überdies stellen Isolation und fehlende (soziale) Unterstützung von Vorgesetzen und KollegInnen Gefährdungen für Beschäftigte im Homeoffice dar. In diesem Kontext rückt die Frage, ob die Covid-19-Pandemie zur Stärkung des Arbeitsschutzes beitragen kann, stärker in den Mittelpunkt.
In diesem Kontext stellen Gefährdungsbeurteilungen ein wichtiges Instrument dar, womit physische und psychische Gefährdungen am Arbeitsplatz ermittelt und erfasst werden können. Ziel ist es Belastungen systematisch zu erfassen und im Sinne einer prospektiven gesundheitsfördernden Arbeitsgestaltung, Belastungen schon in Ihrer Entstehung zu verhindern. Bereits 1989 hat der europäische Rat diesbezüglich eine Richtlinie zur Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz erlassen.
Im europäischen Vergleich zeigt sich, dass Gefährdungsbeurteilungen unterschiedlich umgesetzt werden. Laut des European Survey of Enterprises on New and Emerging Risks (ESENER) haben 88 Prozent der Organisationen in Dänemark 2019 eine allgemeine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt, während es in Deutschland nur etwa 65 Prozent waren. Es zeigt sich, dass Gefährdungsbeurteilungen am Arbeitsplatz eher in Ländern mit strengeren Sanktionsmechanismen und Meldepflichten für Organisationen durchgeführt werden.
Bild von Andreas Breitling auf Pixabay
Neben einer unterschiedlichen Verbreitung von Gefährdungsbeurteilungen in den einzelnen Ländern, variiert dies auch je nach Branche und Betriebsgröße. Diese Trends führen dazu, dass ArbeitnehmerInnen möglicherweise einen ungleichen Zugang zu Arbeitsschutzmaßnahmen haben. Allerdings stellt die Pandemie alle Mitgliedsstaaten, Sektoren und Organisationen vor ähnliche Herausforderungen, so dass für alle ArbeitnehmerInnen ein bestmöglicher Schutz am Arbeitsplatz gewährleistet werden sollte.
Zudem sind gesunde und sichere Arbeitsplätze unerlässlich für den Erfolg des Unternehmens. Durch Investitionen in Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit können die Kosten für arbeitsbedingte Unfälle und Krankheiten gesenkt und die Fehlzeiten minimiert werden.
Doch bisher kommen viele Organisationen eher ihrer Pflicht nach als dass sie den tatsächlichen Wert von Gefährdungsbeurteilungen erkennen. Womöglich stellt die Pandemie ein Momentum dar, das die Bedeutung des Arbeitsschutzes und den Nutzen von Gefährdungsbeurteilungen unterstreicht, sodass der Arbeitsschutz an europäischen Arbeitsplätzen zum Schutz aller ArbeitnehmerInnen langfristig gestärkt werden kann.