Interaktionsarbeit in der Beratung – Erfolgreicher Erfahrungsaustausch über Arbeitsbedingungen bei beratungsintensiven Tätigkeiten
Datum 04.05.2021
Vergangene Woche konnte InWiGe einen einzigartigen Workshop bei der Woche der Personalarbeit anbieten. Das Besondere: Der Fokus lag diesmal nicht auf Instrumenten der Personalentwicklung, sondern nahm die Beschäftigtengruppe der BeraterInnen und ihre persönliche Arbeitssituation näher in den Blickwinkel.
UnternehmensberaterInnen arbeiten jeden Tag wie selbstverständlich mit anderen Menschen zusammen: Sie beraten und informieren Ihre KundInnen, diskutieren mit diesen und müssen mit Ihren Ideen und Konzepten überzeugen. Sie selbst stehen dabei selten im Fokus - auch in der Forschung. Das Forschungsprojekt InWiGe betrachtet aus wissenschaftlicher Sicht, welche besonderen Charakteristika die Arbeit in dieser Branche mit sich bringt, vor welchen Herausforderungen BeraterInnen quasi täglich bei der Arbeit mit Ihren KundInnen stehen und wie sich ihre Arbeit auf sie persönlich auswirkt - positiv wie negativ. Darüber hinaus ist InWiGe daran interessiert, was BeraterInnen an ihrer Tätigkeit reizt und welche Ressourcen sie in ihrer Arbeit sehen. Im Rahmen des Workshops teilte InWiGe erste Forschungserkenntnisse aus den Interviews mit dieser Beschäftigtengruppe, sensibilisierte für Themen, die insbesondere mit Blick auf die eigene Gesundheit und Arbeitssituation relevant zu sein scheinen und ermöglichte den TeilnehmerInnen sich selbst und die eigene Arbeit zu reflektieren.
InWiGe bot den TeilnehmerInnen die Möglichkeit aus sechs verschiedenen Diskussionsthemen nach eigenem Interesse zu wählen. Dabei fiel die Entscheidung auf folgende drei Themen, welche anschließend in Kleingruppen diskutiert wurden:
- Großes Vertrauen, große Verantwortung, große Belastung?
BeraterInnen werden häufig dann beauftragt, wenn es ein Problem zu lösen gilt, welches man selbst nicht lösen kann. Auf der einen Seite haben KundInnen Vertrauen in die Problemlösungskompetenz der BeraterInnen, auf der anderen Seite vertrauen sie sich ihnen persönlich an. Die Herausforderung mit der sich BeraterInnen konfrontiert sehen, ist der Aufbau einer Vertrauensbasis in kürzester Zeit, da diese notwendig ist, um den Auftrag erfolgreich bearbeiten zu können. Die Verantwortung kann als Belastung empfunden werden, da die BeraterInnen die Verantwortung für den Erfolg übernehmen - andererseits liegt darin natürlich auch Wertschätzung und eine große Bedeutsamkeit der eigenen Arbeit.
- Interaktionsarbeit als Schlüssel für den wirtschaftlichen Erfolg
Viele BeraterInnen suchen den Weg in die Selbstständigkeit, dieser ist aber womöglich von wirtschaftlichen Sorgen, Unsicherheit und Instabilität geprägt. Denn selbstständige BeraterInnen sind wirtschaftlich vollkommen von Aufträgen bzw. ihren KundInnen abhängig. In diesem Kontext stellt sich die Frage, welche Rolle gute Interaktionsarbeit dabei spielt, um sich aus dieser wirtschaftlichen Abhängigkeit lösen zu können.
- BeraterIn – FreundIn und FeindIn zugleich
BeraterInnen haben sehr viele verschiedene InteraktionspartnerInnen, die sehr unterschiedliche Erwartungen, Einstellungen und Perspektiven auf Beratung und BeraterInnen haben und mit denen sie in sehr verschiedenen Beziehungen zueinander stehen. BeraterInnen übernehmen je nach Auftrag, Situation und InteraktionspartnerIn unterschiedliche Rollen - sowohl positiv als auch negativ assoziierte. Sie sind möglicherweise FeindIn und FreundIn zugleich je nachdem mit wem sie gerade in einem Auftrag interagieren, wie der Auftrag aussieht und wie sich sich den KundInnen gegenüber verhalten.
Am Ende des Workshops waren sich alle TeilnehmerInnen einig: Die Arbeitsgestaltung von beratungsintensiven Tätigkeiten ist eine besondere Herausforderung und sollte stärker in den Blick genommen werden. Denn die Beschäftigtengruppe zeichnet sich vor allem durch eine hohe Leistungsbereitschaft gekoppelt mit hohen Belastungen aus. Hinzu kommt, dass viele BeraterInnen selbstständig und damit auch für Ihre eigene Arbeitsgestaltung selbst zuständig sind. Insbesondere persönliche Netzwerke sowie eine gute Auftrags- und Rollenklärung mit den KundInnen sowie teamintern scheinen zentrale Faktoren und Ressourcen für die BeraterInnen zu sein. Als konkrete Gestaltungsmaßnahme wurde außerdem u. a. auf die kollegiale Fallbesprechung verwiesen, die eine Form der Reflexionsmöglichkeit bietet. Ebenso wurde auf Intervision oder Supervisor eingegangen. Das Ziel von InWiGe ist es dahingehend, Handlungshilfen zu entwickeln und damit zu einer gesunden und menschengerechten Gestaltung von Arbeit beizutragen.
An dieser Stelle nochmal herzlichen Dank an alle Workshop-TeilnehmerInnen für den spannenden Austausch und den Einblick in Ihren Arbeitsalltag. Unser Dank gilt außerdem unseren InterviewpartnerInnen, ohne die unsere Forschung und solche Diskussionen nicht möglich wären!