Drei Fragen an Digitaler Engel – Stärkung der Interaktionsarbeit von Pflegekräften durch den Einsatz digitaler Assistenzsysteme
„Drei Fragen an…“ ist ein Kurzinterview-Format, in dem Projekte aus dem Förderschwerpunkt über ihre Arbeit berichten.
Datum 16.07.2021
Tätigkeiten im Pflegebereich sind mit hohen Anforderungen an fachliches Wissen verbunden. Doch ebenso zeichnet sie eine intensive Interaktion zwischen Pflegekräften und Patienten aus. Einhergehende Herausforderungen wie ein adäquates Einschätzen der Patienten, zwischenmenschliche Kommunikation sowie der Umgang mit Gefühlen, den eigenen sowie jenen der Patienten, werden in der Pflege oft als selbstverständig vorausgesetzt, jedoch bei der Bewertung und Gestaltung von Arbeitsbedingungen nicht ausreichend berücksichtigt. Für eine qualitativ hochwertige Pflege sind diese Aspekte allerdings genauso wichtig.
Daher soll das Projekt mithilfe eines digitalen Assistenzsystems die Pflegekräfte bei der interaktiven Arbeit entlasten und zu menschengerechten Arbeitsbedingungen beitragen. Der digitale Engel besteht auf Seiten der Software aus der entwickelten Caring-Environment-Plattform, die die erhobenen Daten und Informationen verarbeitet und analysiert. Diese Daten werden in erster Linie hardwareseitig durch eine Datenbrille der Pflegekraft dargestellt. Darüber hinaus sollen kritische Arbeitsbedingungen und Fehlbeanspruchungen durch Handlungsempfehlungen frühzeitig kompensiert und in Trainings zur Emotionsarbeit und zum Stress-Management konkrete Interventionsmaßnahmen erarbeitet werden.
1. Welche Funktionen beinhalten Datenbrillen?
Die auf dem Markt vorzufindenden Datenbrillen bilden eine Vielzahl unterschiedlicher Funktionen ab. Es eint sie, dass auf der Datenbrille nur für das eigene Auge sichtbar Informationen bereitgestellt werden. Die Informationen können per Text, Bild oder Video aufgerufen werden. Die Bedienung kann per Hand oder mit einer Sprachoption erfolgen. Zudem besteht je nach Modell die Möglichkeit Fotos oder Videos zu erstellen oder Sprachnachrichten zu diktieren. Die Datenbrille ist dabei die physische Schnittstelle zwischen dem Anwender und der programmierten Software, so dass mit einer Datenbrille in Zukunft auch KI-Anwendungen wie die Caring Environment immer häufiger genutzt werden können.
2. In welchen Bereichen könnte der digitale Engel noch Anwendung finden?
Die Caring Environment-Plattform und die damit einhergehende Nutzung der Datenbrille wird in erster Linie für Pflegekräfte im stationären Bereich der Normalpflege entwickelt. Naheliegende weitere Bereiche im Gesundheitssektor sind der Einsatz in Pflegeheimen und für Pflegekräfte in der ambulanten Versorgung. Aufgrund der unterschiedlichen Tätigkeitsschwerpunkte der Pflegekräfte in den verschiedenen Bereichen müssten Anpassungen der Caring Environment durchgeführt und getestet werden. Neben dem Pflegebereich als Hauptsektor können weitere Berufsgruppen mit einem hohen Interaktionsanteil – insbesondere in möglichen konfliktreichen und belastenden Situationen – von der Nutzung des digitalen Engels profitieren. Hierzu können zum Beispiel Sozialarbeiter in Wohnheimen zählen.
3. Ist es gewährleistet, dass Patienten wie Pflegekräfte den Einsatz von Datenbrillen akzeptieren? (Wie könnte die Akzeptanz erhöht werden?)
Um zu überprüfen, wie PatientInnen und Krankenhauspersonal (Pflegekräfte + ÄrztInnen) Datenbrillen wahrnehmen, wurde eine erste empirische Studie durchgeführt. Diese hat gezeigt, dass die Datenbrillen in Abhängigkeit ihres Designs den Eindruck vom Krankenhauspersonal negativ beeinflussen können, so kann die Wahrnehmung von Kompetenz, Wärme und Herzlichkeit abnehmen. Je ähnlicher die Datenbrille jedoch einer normalen Brille sieht, desto besser der Eindruck. Zudem lässt sich vermuten, dass diese anfängliche Befremdung mit der Zeit verfliegt und die Akzeptanz steigt.