4. Kolloquium „Interaktionsarbeit in der Pflege“ zur partizipativen Gestaltung von Arbeit und Technik in der professionellen Pflege
Das Pflegekolloquium bringt Verbundprojekt PARCURA und die MitinitiatorInnen des Memorandums „Arbeit und Technik 4.0 in der professionellen Pflege“ zusammen.
Datum 06.08.2021
Bereits zum vierten Mal haben sich Interessierte aus Wissenschaft und Praxis am letzten Dienstag des Monats zum Pflegekolloquium getroffen. Dieses Mal stand das Thema „Praktische Umsetzung partizipativer Gestaltung von Arbeit und Technik in der professionellen Pflege“ im Fokus der Veranstaltung.
Ziel der Veranstaltung war es, einen Eindruck über die praktische Umsetzung von Partizipation in der Pflege zu erhalten sowie Vorteile und Grenzen von Partizipation zu diskutieren.
Zu Beginn stellten die anwesenden MitinitiartorInnen (Margit Weihrich, Marc Jungtäubl und Paul Fuchs-Frohnhofen) das im Jahr 2018 veröffentlichte Memorandum „Arbeit und Technik 4.0 in der professionellen Pflege“ vor, das in einem vom BMBF geförderten Verbundprojekt entstand und verwiesen auf die besondere Rolle, welche das Thema „Partizipation“ darin hatte. Zusätzlich wurde ein Blick darauf geworfen, welche Rolle das Memorandum nach seiner Veröffentlichung für die (Fach-) Öffentlichkeit spielte und in welchem Verhältnis Partizipation und Interaktionsarbeit zueinanderstehen.
Da Pflege als Interaktionsarbeit an und mit Menschen verstanden wird, bedarf es einer besonderen Gestaltung und Wertschätzung dieser Arbeit. Die Grundidee des Memorandums ist eine nachhaltige und zukunftsfähige Gestaltung und Implementierung von technischen Innovationen im Arbeitsbereich von Pflegekräften. Darüber hinaus sollen die Pflegenden nicht nur stärker als bisher von der Technik profitieren, sondern auch bei der technischen Gestaltung beteiligt werden. Ebenso sollten den Pflegekräften ausreichende Ressourcen zur Mitwirkung und Qualifizierung zur Verfügung gestellt werden. Mit Blick auf die Frage, wie Beteiligung und Partizipation umgesetzt werden können, werden verschiedene Wege vorgeschlagen. Neben partizipativen Methoden wie Brainstorming-Workshops mit den NutzerInnen oder Entwicklungs-Workshops mit EntwicklerInnen und NutzerInnen sollte die Technikentwicklung als partizipativer Prozess organisiert werden. Weiterhin bedarf es sowohl einer technischen als auch methodischen Qualifizierung der NutzerInnen und einer Partizipation, die nicht nur die Führungskräfte einschließt, sondern auch die tatsächlichen NutzerInnen.
Im Anschluss an den kurzen Impulsvortrag von Paul Fuchs-Frohnhofen zu den Hintergründen des Memorandums ging Margit Weihrich näher auf die Rolle der Interaktionsarbeit und auf den Zusammenhang mit Partizipation ein. Sie betonte, dass Interaktionsarbeit unerlässlich für die Durchführung von Pflegehandlungen ist und Interaktionsarbeit als ein wichtiger Teil der Gesamtdienstleistung einer Organisation angesehen werden kann. Noch dazu halten Pflegekräfte durch ihre Interaktionsarbeit die Prozesse in der jeweiligen Organisation am Laufen. Somit kommt Interaktionsarbeit auch eine ökonomische Funktion zu. Partizipation bedeutet in diesem Zusammenhang, dass Pflegekräfte ihr Wissen über die konkrete Arbeitssituation und über ihre Praktiken im Umgang mit PatientInnen einbringen, wenn es um Fragen der Arbeitsorganisation und -gestaltung geht. Insgesamt führt Partizipation dazu, dass sich die Dienstleistungsqualität erhöht und Belastungen reduziert werden. Allerdings erkennen Pflegekräfte ihre Interaktionsarbeit häufig nicht als besondere Leistung an, weshalb sie stärker dafür sensibilisiert werden müssten, was sie tun und leisten, damit Interaktionsarbeit in Partizipationsprozessen zum Thema wird.
Darauf aufbauend präsentierte Marc Jungtäubl einige Erfahrungen, die bei der praktischen Umsetzung des Memorandums im Projekt PraFö gesammelt wurden. Eine Sensibilisierung der Pflegekräfte für die Besonderheiten der Interaktionsarbeit konnte durch die Methode der Begleitung bei Schichten erreicht werden. Im Zuge von Gestaltungsworkshops entwickelten Pflegekräfte gemeinsam Maßnahmen und es wurden Potenziale und Grenzen der Partizipation erkannt und analysiert.
Wie Partizipation in der Praxis noch aussehen kann, veranschaulichte Frau Löckemann vom St. Franziskus-Hospital in Münster den Teilnehmenden anschließend am Verbundprojekt PARCURA, in welchem es um die partizipative Einführung von Datenbrillen in der Pflege im Krankenhaus geht und um die Herausforderungen, die dabei zu bewältigen sind. Dabei wurde deutlich, dass Partizipation mehr als nur „Einbeziehen“ bedeutet und es bestimmter Kompetenzen und einer kontinuierlichen Kommunikation bedarf. VertreterInnen aus der Praxis betonten in diesem Zusammenhang auch, dass es für Partizipation wichtig ist, die richtigen Zeitfenster zu wählen und sich dieser Partizipationsprozess somit flexibel an reale Bedarfe und Abläufe anpassen muss. Frau Löckemann betonte abschließend, dass Partizipation im Alltagsbetrieb nicht ohne die Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen realisierbar sei.
Im Anschluss an die abwechslungsreichen Impulsvorträge diskutierten die Teilnehmenden gemeinsam und weitere VertreterInnen aus der Praxis teilten ihre eigenen praktischen Erfahrungen. Dabei kam die Idee auf, ein Memorandum 2.0 ins Leben zu rufen, denn das Memorandum wurde seit der Veröffentlichung rege rezipiert und erhielt darüber hinaus Einzug in neue Förderschwerpunkte und Projekte. Die Teilnehmenden betonten, dass Pflegekräfte bei einem Memorandum 2.0 noch stärker zu Wort kommen sollten und als Mitautoren eine bedeutende Rolle einnehmen sollten.
Das 5. Kolloquium zu „Interaktionsarbeit in der Pflege“ findet am 26.10.2021 statt.